© DEGUWA e.V. (Foto: Frank Lechner)
Geheimnisse der Unterwasserarchäologie
In den Medien haben spektakuläre Aufnahmen von "Schatzsuchern" unter Wasser Dauerkonjunktur – aber wie sieht die wissenschaftliche Seite der Unterwasserarchäologie tatsächlich aus?
Für Archäologen stellen Gewässer große Herausforderungen hinsichtlich der Freilegung und Dokumentation von Befunden sowie der Bergung von Artefakten dar. Das Milieu des Wassers bzw. Feuchtbodens erlaubt dafür häufig Einblicke in vergangene Kulturen, die an Land kaum zu gewinnen sind, z. B. günstigere Erhaltungsbedingungen für Gegenstände und Konstruktionen aus Holz oder aus anderen organischen Materialien. Veränderte Küstenläufe und Uferlinien ermöglichen die Beobachtung ausgedehnter Siedlungsspuren, die durch den Anstieg des Wasserspiegels unüberbaut bzw. ungewöhnlich intakt geblieben sind.
Hinzu kommen "geschlossene Befunde" wie Schiffswracks, die in jedem einzelnen Fall eine kleine "Pompeji-Situation" in Aussicht stellen. Sind die Schiffe samt ihrer Ladungen rasch und vollständig gesunken, konservieren sie eine Art "Zeitkapsel" mit vielfältigen Handelsgütern, technischer Ausrüstung und persönlicher Habe (z. B. Uluburun). Wracks sind nicht nur eine wichtige Quelle für Datierungsfragen, sondern eröffnen bei systematischer Erschließung einzigartige Einblicke in die Geschichte von (Fern-)Handel und Wirtschaft.
Diese Ringvorlesung des WAZ will einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass der große Bereich der Unterwasserarchäologie, der letztlich alle (antiken) Kulturen und Zeithorizonte methodisch miteinander verbindet, in der Fachöffentlichkeit wie beim Laienpublikum in Eigenart und wissenschaftlichem Stellenwert stärker wahrgenommen wird.
Neben reiner Feldforschung kommen aber auch andere wissenschaftliche Beiträge in Betracht, die ein interessantes Licht auf den Lebensraum "Wasser in der Antike" werfen.
Die Ringvorlesung findet an folgenden Terminen statt:
04.11.2024
Pfahlbaufieber: Froschschenkel, Ziegenkot & Fischbandwurm
Dr. Urs Leuzinger, Universität Innsbruck
Dank der hervorragenden Erhaltungsbedingungen im wassergesättigten Sediment finden sich in den jungsteinzeitlichen Pfahlbausiedlungen neben Keramikscherben, Tierknochen und Steinwerkzeugen auch Reste aus organischem Material wie Holz, Bast, Lein, Samen und Früchten. Der Archäologe Urs Leuzinger führt anhand von Funden aus den Pfahlbausiedlungen Arbon-Bleiche 3 und Pfyn-Breitenloo im Kanton Thurgau (Schweiz) auf eine spannende Zeitreise in die "saftige und stinkende" Vergangenheit vor über 5000 Jahren. Der Fokus liegt dabei nicht auf Steinartefakten und Topffragmenten, sondern auf Holzgeräten, Speiseresten wie Wildäpfeln, Haselnüssen und Fischschuppen sowie Koprolithen mit Darmparasiten und Trüffelsporen.
18.11.2024
Rückkehr nach Antikythera - Neue Forschungen zum Schiffswrack und dessen Ladung
Prof. Dr. Lorenz E. Baumer, Universität Genf
Dr. Angeliki Simosi, em. Dir. Ephorie für Unterwasserarchäologie / ehem. Ephorin von Piräus und der Inseln
Das berühmte Wrack eines Handelsschiffes aus dem 1. Jh. v. Chr., das zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Schwammtauchern vor der Ostküste der Insel Antikythera entdeckt wurde, lieferte bei den kurz darauf unternommenen Bergungsarbeiten eine grosse Anzahl von Marmor- sowie einige Bronzestatuen und zahlreiche andere Fundobjekte. Dazu gehört nicht zuletzt der sogenannte «Mechanismus von Antikythera», ein komplexes Gerät zur Berechnung astronomischer Ereignisse und der Positionen der damals bekannten Planeten. Nach mehrjährigen archäologischen Untersuchungen unter der Leitung von Dr. Angeliki Simosi, der damaligen Direktorin der Ephorie für Unterwasserarchäologie finden diese seit 2022 im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Universität Genf ihre Fortsetzung. Im Vortrag werden die Ergebnisse der jüngsten Ausgrabungen vorgestellt, die in einer Tiefe von rund 50 m unter dem Meeresspiegel stattfinden. Sie haben neben neuen Skulpturen sowie etlichen anderen Objekten auch Elemente des Schiffrumpfs ans Tageslicht gebracht. Dazu konnte nachgewiesen werden, dass auf dem Meeresgrund vor Antikythera zumindest noch ein weiteres antikes Schiffswracks liegt, das in den kommenden Forschungskampagnen näher untersucht werden soll.
02.12.2024
The Uluburun Shipwreck and Late Bronze Age Maritime Trade (Vortrag in englischer Sprache)
Prof. Dr. Cemal Pulak, Texas A&M University / Inst. of Nautical Archaeology, Bodrum
Excavation of the late 14th-century B.C.E. shipwreck off Uluburun on Turkey’s southern coast revealed one of the largest, richest, and most diverse Bronze Age trade goods ever discovered in the Mediterranean. The ship’s main cargo consisted of ten tons of copper ingots and one ton of tin ingots, but also included jars filled with aromatic resin, discoid glass ingots, elephant and hippopotamus tusks, ebony logs, ostrich eggshells, Cypriot export ceramics, and glass and faience beads. Much of the ship’s cargo originated from Cyprus and nearby regions of the Levant, but some were also acquired from distant lands in equatorial Africa and Central Asia. Faience cups in shape of ram’s heads, ivory offering vessels, a gold-clad bronze cult statuette, and some musical instruments were probably used during rituals on board, while galley wares, fishing implements, tools, and foodstuffs were for shipboard use. Most of the gold and silver jewelry, cylinder seals, weapons, and balance weights represented personal effects of the ship’s Canaanite merchants and crew. A pair of swords, spears, seals, some tools, and pottery drinking sets, on the other hand, indicated the presence of two high-ranking Mycenaean officials on board, who were likely escorting the ship to their homeland. The ship set sail from a Canaanite port located on the central Levantine coast and was headed to a major Mycenaean port in the Aegean when it sank. The ship’s reconstructed route provides evidence for a Late Bronze Age maritime trade network that encircled the eastern Mediterranean in a counterclockwise direction that was assisted by the prevailing winds and currents.
16.12.2024
Recent discoveries of ancient ships and boats from Thonis-Heracleion and Alexandria (Egypt) (Vortrag in englischer Sprache)
Dr. Alexander Belov, European Institute of Underwater Archaeology, IAESM, France
The European Institute of Underwater Archaeology, directed by Franck Goddio, conducts archaeological research in the Great Port (Portus Magnus) of Alexandria and in the sunken city of Thonis-Heracleion since 25 years. One hundred twenty-five ancient ships were identified in the ports and canals of this city, making the site one of the most important accumulations of ancient ships in the world. The majority of the ships date to the Late (664–332 BC) and Ptolemaic Period (332–31 BC). Several well-preserved ships from the Roman Period were excavated during the last three years in the port of Alexandria. In this lecture, the author will speak about recent underwater discoveries of ancient nautical material from these two cities.
13.01.2025
Heute hier, morgen dort: Mobilität und soziale Organisation in den Pfahlbauten
PD Dr. Renate Ebersbach, Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg
Dank der ausgezeichneten Erhaltungsbedingungen liegen aus Pfahlbauten zehntausende von Hölzern vor, die mit Hilfe der Dendrochronologie (Jahrringmessung) datiert werden können. Im Idealfall sind sogar vollständige Hausfußböden mit Feuerstellen im Boden erhalten geblieben. Damit kann die Baugeschichte von Häusern und Siedlungen bis aufs Jahr genau rekonstruiert werden. Zusammen mit dem Fundmaterial lassen sich so einmalige Einblicke in die räumliche und soziale Organisation dieser frühen bäuerlichen Gesellschaften aus der Jungsteinzeit (ca. 4300-2400 v. Chr.) gewinnen. Renate Ebersbach wird in ihrem Vortrag über Umzüge, Nachbarschaften, Fernbeziehungen und Parallelgesellschaften in der Jungsteinzeit sprechen.
27.01.2025
Hin und wieder zurück - Ein römischer Leerguttransporter im Schwarzen Meer
Dr. Max Fiederling, Universität Trier
Die Erforschung, ergänzt durch vergleichende Befunde und Nachbauten römischer Schiffe, macht es möglich, die Geschichte des Wracks und seiner letzten Fahrt in großen Teilen zu rekonstruieren.
Von diesem holistischen Ansatz ausgehend Befund, Seehandelsrouten und Rekonstruktionen miteinbeziehend, zeigt der Vortragende abschließend eine Perspektive durch seine aktuelle Anstellung im ERC STRADA Projekt auf. Hierbei geht es um Rekonstruktions- und Simulationsmöglichkeiten antiker Wasserwege im Binnenbereich, genauer gesagt zwischen Donau und Adria.
Nähere Informationen finden Sie auch unter: https://www.uni-wuerzburg.de/forschung/waz
In Zusammenarbeit mit | Würzburger Altertumswissenschaftliches Zentrum |
Kursnr. | 24-AK-148 |
Beginn | Mo., 04.11.2024, 18:15 - 19:45 Uhr |
Veranstaltungsort | Residenz - Toscanasaal, Residenzplatz 2, 97070 Würzburg |
Kosten | Eintritt frei |
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Veranstaltungsflyer
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Anmeldung | nicht erforderlich |
Kursort
Würzburg, Residenz
Residenzplatz 297070 Würzburg